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Schulsozialarbeit

Wo Füchsin Frida auf ihre ABC-Schützen wartet

Für 82 Kinder der Völklinger Innenstadt beginnt am 30. August der Ernst des Lebens. Ab dann gehören sie als Erstklässler zur Schulgemeinschaft der Grundschule Bergstraße/Röchlinghöhe. Damit der Start trotz ausgefallener Vorbereitungsangebote gelingt, hatte sich die vom ASB eingesetzte Schulsozialarbeiterin etwas Neues einfallen lassen.

Der Junge in dem schicken weißen Polohemd und dem kess aus der Stirn gegelten Pony zögert und bleibt stehen. Es fehlt nicht mehr viel, dann bricht er in Tränen aus. Hilfesuchend schaut er sich nach seiner Mama um, die mit den Geschwistern zurück geblieben ist. Bei dem schmächtigen Fünfjährigen handelt es sich um das kleinste der 13 Kinder, die gerade drauf und dran sind, munter plappernd in Zweierreihe ein unbekanntes, menschenleeres Gebäude zu betreten – geführt von einer zwar netten, aber genauso unbekannten Frau namens Jasmin Braun-Lellig. Das Zauberwort, das alle miteinander verbindet, heißt: Einschulung. Die steht Ende August an.

Normaler Weise werden die Kindergartenkinder in ihrem letzten Jahr systematisch auf dieses einschneidende, biographisch so wichtige Erlebnis vorbereitet. „Einmal in der Woche kommt eine Lehrkraft unserer Schule in den Kindergarten“, informiert Schulsozialarbeiterin Susanne Gentes. Im Gegenzug besuchen die Vorschulkinder die Grundschule. Und um den Einstieg auch für Mädchen und Jungen zu erleichtern, die des Deutschen nicht so mächtig sind – in der Grundschule Bergstraße/Röchlinghöhe beträgt der Anteil der Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund rund 85 Prozent – hat sich ein Vorkurs bewährt. Dabei führen Pädagogen die angehenden Erstklässler zweimal wöchentlich spielerisch an die Sprache heran, in der sie später im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet werden.

Doch was ist seit letztem Jahr schon normal. Covid 19 und der Pandemie wegen entfielen alle diese regulären Angebote für die zukünftigen ABC-Schützen ersatzlos. Dafür gingen bei Susanne Gentes vermehrt Anrufe verunsicherter Eltern ein. „Viele sind in Sorge. Sie erzählen mir von Ängsten ihrer Kinder, die sich nicht mehr auf die Schule freuen.“ Wer selbst mal erlebt hat, wie sehr die „großen“ Kindergartenkinder ihren ersten Schultag herbeisehnen, kann ermessen, wie traurig und auch etwas besorgniserregend diese Entwicklung ist. „Um das ein bisschen abzufangen, habe ich den Informationstag organisiert.“ Eingeladen wurden alle 82 Schulneulinge und ihre Familien, von denen sich 63 an diesem Samstag Anfang Juli auf dem Schulhof Bergstraße einfanden.

Dort wurden sie ihren Klassen zugeteilt, die gestaffelt, jeweils eine ganze Stunde, in einer Art Schnitzeljagd durch das Gebäude düsen konnten, um Buchstaben zu sammeln. Dabei galt es auch für die 1.5 von Frau Braun, das Lehrerzimmer zu finden, die Bibliothek, die Toiletten und die Turnhalle, wo Melina, Burak, Alessandra, Ilijan und die anderen Kinder je fünf Kniebeugen und Hampelmänner turnten. Höhepunkt der Expedition durchs Schulhaus war die Stippvisite im zukünftigen Klassenraum. Dort stellte Jasmin Braun-Lellig den Schülern in spe das Klassenmaskottchen vor: eine Füchsin namens Frida. Jeder durfte seinen Namen mit Kreide an die Tafel scheiben, mit oder ohne Unterstützung der Lehrerin. Schließlich stellten sich alle davor in Position und das erste Klassenfoto war „im Kasten“ – mitten drin der kleine zarte Junge, der sich schon deutlich wohler zu fühlen schien.

Für Susanne Gentes war diese Premiere so anstrengend wie gelungen: „Ein Rundumerfolg“, strahlte sie am frühen Nachmittag. Das Angebot sei super angenommen wurden. „Alle waren ganz begeistert.“ Das Konzept, Schule möglichst niederschwellig erlebbar und freundlich darzustellen, habe sich als genau richtig erwiesen. „Die Eltern sind jetzt deutlich zuversichtlicher, was den Schulstart anbelangt“, bilanzierte die gelernte Sozialarbeiterin zufrieden. „Den Familien hat das ein Stück Sicherheit gegeben.“ Deshalb sei jetzt schon klar, dass es nicht bei diesem einen Infotag bleibt. „Künftig werden wir das jedes Jahr anbieten“ - und ausweiten. Vorstellbar ist Kaffee & Kuchen genauso wie ein buntes Programm, bei dem sich die unterschiedlichen AGs vorstellen wie die Theater Gruppe, der Chor oder die Hip-Hopper. Und wer weiß, vielleicht rappt ein ganz bestimmter Junge dann schon fleißig mit.